Islam, Karl Marx und die Stammtischgesellschaft

Aus dem Jahr 1854 ist eine ungewöhnliche Aussage von Karl Marx überliefert:

Der Koran und die auf ihm fußende muselmanische Gesetzgebung reduzieren Geographie und Ethnographie der verschiedenen Völker auf die einfache und bequeme Zweiteilung in Gläubige und Ungläubige. Der Ungläubige ist ‚harby‘, d.h. der Feind. Der Islam ächtet die Nation der Ungläubigen und schafft einen Zustand permanenter Feindschaft zwischen Muselmanen und Ungläubigen.

Diese Aussage wurde 2016 auf der Webseite https://geschichte-wissen.de aufgegriffen, wo Artikel über Geschichte zur Verfügung gestellt werden, die nach eigenen Angaben u.a. die Bundeszentrale für politische Bildung nutzt.

In besagtem Artikel wird neben Karl Marx noch eine weitere Aussage von Friedrich Engels zitiert. Beiden Personen wird in dieser Frage nur bedingt Kompetenz zugetraut. Es wird bemängelt, das sie sich nicht „näher mit dem Islam oder dem Nahen Osten beschäftigt“ haben und so lautet das Urteil:

Mit diesen Beiträgen würden Marx und Engels in jeder deutschen Stammtischgesellschaft brillieren.

Daher ist es ist angebracht sich Personen zuzuwenden, die in diesen Fragen vermutlich etwas kompetenter sind.

2022 fand in Katar die Fußball WM statt. Im selben Jahr erklärte der Professor für islamische Kultur und Daʿwa (Einladung zum Islam) der Universität Katar Dr. Shafi Al-Hajri im katarischen Fernsehen:

Kämpfen ist die dritte Phase der Einladung zum Islam. Zuerst rufen wir die Menschen zu Allah und wenn sie das akzeptieren, haben sie die gleichen Rechte und Pflichten wie wir. Wenn sie sich weigern [zum Islam zu konvertieren], dann müssen sie die Jizya Kopfsteuer zahlen. [Sie müssen] die Jizya Kopfsteuer zahlen, um Schutz von anderen zu bekommen. Die dritte Phase ist sie zu bekämpfen, wenn sie sich weigern [zu zahlen]. […] Das Kämpfen ist gegen jene, die die Einladung zum Islam zurückweisen- jene, die sich dem Islam verweigern oder sich weigern die Jizya Kopfsteuer zu zahlen. [1]

Die Kopfsteuer (Jizya) ist eine Zahlung für Nichtmuslime unter islamischer Herrschaft, die auf den Koran Sure 9, Vers 29 zurückgeht.

Die Aussage von Dr. Shafi Al-Hajri klingt ähnlich wie die von Karl Marx. Der Kontext der Sätze ist leider nicht ersichtlich, dennoch stellt sich die Frage: Gehört Al-Hajri damit etwa in die oben erwähnte Stammtischgesellschaft?

Weitaus intensiver als Marx und Engels hat sich der irakische Politik- und Rechtswissenschaftler Majid Khadduri (1909-2007) mit den Themen Islam und Naher Osten beschäftigt. Er studierte in Beirut und lehrte viele Jahre an Amerikanischen Universitäten. Er wurde offenbar sowohl in den USA als auch in der arabischen Welt geschätzt. Davon zeugen u.a. der Verdienstorden Ägyptens und der ihm zu Ehren gegründete Majid-Khadduri-Lehrstuhl für Studien des Mittleren Ostens an der Johns Hopkins University.

In seinem Buch „War and Peace in the Law of Islam“ beschäftigt er sich ausführlich mit dem von Karl Marx angesprochenen Thema. [2]

Auf S. 63 schreibt Khadduri von der universellen Natur des Islam und wie er sowohl den staatlichen Charakter des Judentums (dem jedoch der missionarisch-expansive Anspruch fehlte) als auch den erlösenden, missionarischen Anspruch des Christentums (dem jedoch der religiöse Staat fehlte) in sich vereinte:

Es gibt ein universelles Element im Islam, was es […] zur Pflicht machte zu seiner Verbreitung beizutragen. Darin kombinierte der Islam Elemente vom Judentum und Christentum […]. Das Judentum war keine missionarische Religion […] heiliger Krieg war daher nur zur Verteidigung, aber nicht zur seiner Verbreitung. Das Christentum dagegen war eine erlösende und in seinen Anfängen nicht staatliche Religion. […] Der Islam unterschied sich deutlich von beiden. Er kombinierte den Dualismus einer universellen Religion und eines universellen Staates. Er griff sowohl zu friedlichen als auch zu gewaltsamen Mitteln, um das ultimative Ziel zu erreichen.

Der Tatsache, dass der Islam nicht nur eine persönliche Glaubensüberzeugung mit sich bringt, sondern in seiner Gesamtheit auch eine Gesellschafts- und Rechtsordung beinhaltet, spiegelt sich auch in den Bestimmungen des islamischen Rechts (Scharia) wider.

Weiter schreibt Khadduri auf S. 64:

In der universellen Botschaft des Islam als allumfassender Glaubensauftrag ist jedem Muslim die fortgesetzte Anstrengung zum Krieg – und zwar nicht nur strikt militärisch, sondern auch psychologisch und politisch – aufgetragen. Dementsprechend definiert sich die jihad-Doktrin nicht als ununterbrochenes Kämpfen, sondern als permanenter Kriegszustand.

Das klingt der Aussage von Karl Marx ziemlich ähnlich. Es scheint als gehöre Khadduri ebenfalls zur Stammtischgesellschaft.

Es gibt in der Geschichte allerdings weitaus wichtigere Persönlichkeiten wie den klassischen islamischen Gelehrten Ibn Chaldun (1332-1406), dem sowohl in seiner Geburtsstadt Tunis als auch in Kairo Denkmäler gewidmet sind. Er ist in der arabischen Welt als einflussreicher Historiker, Philosoph und Soziologe bekannt. Die Bandbreite seiner Forschung ist wie seine gesamte Biografie ausgesprochen bemerkenswert.

In seinem Werk Muqaddimah beschäftigt er sich mit der Geschichte der Menschheit, Kultur, Zivilisationen, Philosophie, Religion und Wissenschaft. [3]

Im Abschnitt 31 des dritten Kapitels (S. 472-481) beschreibt er zunächst, dass eine religiöse Gruppe nach dem Ende eines Propheten einen Stellvertreter (Kalifen) braucht, der religiöse Autorität hat und dafür sorgt, dass sich Menschen an die religiösen Gesetze halten. Zugleich geht er davon aus, dass Menschen im Allgemeinen auch einen politischen Herrscher brauchen, der dafür sorgt, dass gemacht wird was gut für die Gesellschaft ist und Menschen mit Macht daran hindert schädliche Dinge zu tun. Auf S. 473 heißt es:

In der muslimischen Gemeinschaft ist der heilige Krieg eine Pflicht, wegen des Universalismus der muslimischen Mission und der Pflicht jeden zum Islam zu konvertieren, entweder durch Überzeugung oder durch Zwang. Deswegen sind Kalifat und königliche Autorität im Islam vereint, so dass die zuständige Person die verfügbare Stärke beidem gleichzeitig widmen kann.
Die anderen religiösen Gruppen hatten keine universelle Mission und heiliger Krieg war für sie keine Verpflichtung, außer zum Zweck der Selbstverteidigung. Daher kommt es, dass eine verantwortliche Person für die religiösen Angelegenheiten anderer Gruppen sich überhaupt nicht mit Machtpolitik befasst. In diesem Fall kommt königliche Macht durch Zufall oder auf eine Weise, die nicht mit Religion zu tun hat. Sie entsteht als notwendiges Resultat eines Gruppenzugehörigkeitsgefühls, das durch seine Natur versucht königliche Autorität zu erlangen und nicht, weil sie wie im Falle des Islam unter der Pflicht stehen Macht über andere Nationen zu gelangen. Für sie ist es lediglich erforderlich die Religion unter ihren eigenen Leuten herzustellen.

Er geht was die religiösen und staatliche Autorität betrifft auch auf die historische Entwicklung im Judentum und Christentum ein. Bei letzterem beschreibt Ibn Chaldun zudem, dass theologische Auseinandersetzungen zu verschiedenen christlichen Gruppen geführt haben. Auf S. 480 schreibt er:

Danach gab es Meinungsverschiedenheiten unter den Christen im Hinblick auf ihre Religion und Christologie. Sie teilten sich in Gruppen und Sekten auf, die sich die Unterstützung der verschiedenen christlichen Herrscher gegen die anderen sicherten. […] Wir denken nicht, dass wir die Seiten dieses Buches mit Diskussionen ihrer ungläubigen Dogmen schwärzen sollten. Sie sind im Allgemeinen wohl bekannt. Alle von ihnen sind Unglaube. Das wird deutlich im edlen Koran dargelegt. Diese Dinge mit ihnen zu diskutieren oder zu argumentieren ist nicht unsere Aufgabe. Es ist an ihnen zwischen der Konversion zum Islam, Zahlung der Kopfsteuer oder dem Tod zu wählen.

Auch diese Aussagen ähneln der von Karl Marx, somit ist wohl auch Ibn Chaldun Teil der Stammtischgesellschaft.

Zwei Jahrhunderte vor Ibn Chaldun lebte Averroes (1126-1198). Er war ein andalusischer Gelehrter sowie Philosoph, Jurist und Arzt. Er lebte im islamischen Andalusien in einer Epoche, die aufgrund der kulturellen und wissenschaftlichen Entwicklungen auch als Blütezeit des Islam bezeichnet wird. Seine Kommentare zu Aristoteles fanden auch in der europäischen Welt viel Aufmerksamkeit.

In einem seiner Werke, beschäftigt er sich mit islamischem Recht und seinen Aussagen zu verschiedenen Themen. Unter der Überschrift Jihad stellt er zunächst folgendes fest:

Gelehrte stimmen darin überein, dass der Jihad eine kollektive und keine persönliche Pflicht ist. […] Laut der Mehrheit der Gelehrten begründet sich die verpflichtende Natur des Jihad darin: „Der Kampf ist euch befohlen, auch wenn er euch missfällt; aber es ist wohl möglich, dass euch etwas missfällt, was gut für euch ist; und es ist wohl möglich, dass euch etwas gefällt, was für euch übel ist. Allah weiß, ihr aber wisset nicht.“ Koran Sure 2 Vers 216 [4]

Averroes geht auch auch die Frage ein, warum eigentlich Krieg geführt werden soll:

Warum Krieg führen? Die muslimischen Juristen stimmen darin überein, dass der Zweck des Kampfes gegen die Anhänger des Buches […] eines von zwei Dingen ist: entweder ihre Konversion zum Islam oder die Zahlung der Jizya. Die Zahlung der Jizya kommt aufgrund der Worte des Höchsten: „Kämpfet wider diejenigen aus dem Volk der Schrift, die nicht an Allah und an den Jüngsten Tag glauben und die nicht als unerlaubt erachten, was Allah und Sein Gesandter als unerlaubt erklärt haben, und die nicht dem wahren Bekenntnis folgen, bis sie aus freien Stücken den Tribut entrichten und ihre Unterwerfung anerkennen.“ Koran Sure 9, Vers 29 [5]

Offenbar muss sich auch der andalusische Philosoph Averroes zum Stammtisch begeben, dessen Gesellschaft stetig zu wachsen scheint.

Was die klassische islamische Rechtslehre betrifft, so gibt es im sunnitischen Islam vier große Rechtsschulen, deren Name auf ihre Begründer zurückgeht. Einer dieser Begründer ist der islamische Theologe asch-Schāfiʿī (767-820), der auch als Mitbegründer der islamischen Rechtslehre im Allgemeinen gilt.

In seinem Werk Risala beantwortet er Fragen zur Grundlage der islamischen Rechtslehre. Im dritten Kapitel (S. 81-87) geht er auf das Thema gesetzliches Wissen ein und schreibt:

Gott hat den Jihad auferlegt, so wie es in seinem Buch dargelegt und durch seinen Propheten geäußert wurde. Er betonte den Aufruf zum Jihad wie folgt: „Gott hat von den Gläubigen ihr Leben und ihre Besitztümer erkauft und ihnen als Entgelt das Paradies versprochen, (und so) kämpfen sie für Gottes Sache und töten und werden getötet: ein Versprechen, das Er in Wahrheit für Sich Selbst gewollt hat in (den Worten von) der Torah und dem Evangelium und dem Qur’an. Und wer könnte seinem Bund getreuer sein als Gott? Freut euch denn über den Handel, den ihr mit Ihm geschlossen habt: denn dies, dies ist der höchste Triumph!“ Koran Sure 9, Vers 111

Und er sagte: „Und kämpft gegen die Götzendiener allesamt wie sie gegen euch allesamt kämpfen! Und wißt, daß Allah mit den Gottesfürchtigen ist!“ Koran Sure 9, Vers 36

Und er sagte: „Wenn nun die Schutzmonate abgelaufen sind, dann tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet, ergreift sie, belagert sie und lauert ihnen aus jedem Hinterhalt auf! Wenn sie aber bereuen, das Gebet verrichten und die Abgabe entrichten, dann laßt sie ihres Weges ziehen! Gewiß, Allah ist Allvergebend und Barmherzig.“ Koran Sure 9, Vers 5

Und er sagte: „Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und nicht an den Jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Allah und Sein Gesandter verboten haben, und nicht die Religion der Wahrheit befolgen – von denjenigen, denen die Schrift gegeben wurde -, bis sie den Tribut aus der Hand entrichten und gefügig sind!“ Koran Sure 9, Vers 29
[…]
Und Gott sagte: „O die ihr glaubt, was ist mit euch, daß, wenn zu euch gesagt wird: „Rückt aus auf Allahs Weg!“, ihr euch schwer zur Erde sinken laßt? Seid ihr mit dem diesseitigen Leben mehr zufrieden als mit dem Jenseits? Aber der Genuß des diesseitigen Lebens wird im Jenseits nur gering (erscheinen). Wenn ihr nicht ausrückt, wird Er euch mit schmerzhafter Strafe strafen und euch durch ein anderes Volk ersetzen, und ihr (könnt) Ihm keinerlei Schaden zufügen. Allah hat zu allem die Macht.“ Koran Sure 9, Vers 38-39

Und er sagte: „Ziehet aus, leicht und schwer, und streitet mit eurem Gut und eurem Blut für Allahs Sache! Das ist besser für euch, wenn ihr es nur wüßtet!“ Koran Sure 9, Vers 41

Diese Verlautbarungen bedeuten, dass der Jihad und insbesondere sich mit Waffen zu erheben ohne Ausnahme verpflichtend für alle körperlich Fähigen ist, genau wie Gebet, Pilgerfahrt und Almosen und keiner Person ist es erlaubt die Pflicht eines anderen auszuführen, da die Leistung des einen nicht die Pflicht des anderen erfüllt.
Sie können auch bedeuten, dass die Pflicht eine kollektive Pflicht ist und sich vom Gebet unterscheidet: Jene, die den Krieg gegen die Götzendiener ausführen, werden die Pflicht erfüllen und erhalten einen übergebührlichen Verdienst. Damit verhindern sie, dass es jenen, die zurückgeblieben sind, als Fehler angerechnet wird.
Aber Gott hat die beiden Kategorien nicht auf die gleiche Stufe gestellt, da er sagte: „Die unter den Gläubigen, die stillsitzen – ausgenommen die Gebrechlichen –, und die, welche für Allahs Sache ihr Gut und Blut einsetzen im Streit, sie sind nicht gleich. Allah hat die mit ihrem Gut und Blut Streitenden im Range erhöht über die Stillsitzenden. Einem jeden aber hat Allah Gutes verheißen; doch die Gottesstreiter hat Er vor den Stillsitzenden ausgezeichnet durch einen großen Lohn“ Koran Sure 4, Vers 95 [6]

Mit diesen Aussagen gehört nun auch der islamische Theologe asch-Schāfiʿī zur wachsenden Stammtischgesellschaft.

Wie hat sich Mohammed (570–632) in diese Frage verhalten? Er gilt als Begründer und wichtigste Person des Islam. Seine Aussagen und Taten sind in den Überlieferungen sowie der Biografie Mohammeds aufgezeichnet.

Während der Zeit in Mekka war er ein religiöser Führer ohne staatliche Macht. Dies änderte sich mit der Übersiedlung nach Medina, als er neben religiöser auch staatliche Autorität erlangte. Der Auszug (Hidschra) von Mekka nach Medina hat im Islam eine wichtige Bedeutung und markiert den Beginn der islamischen Zeitrechnung. Mohammed beschränkte sich nicht nur auf das Predigen und Lehren seiner Religion, dies wird auch in den Überlieferungen deutlich:

Der Gesandte Allahs sagte: „Mir wurde befohlen, dass ich die Menschen solange bekämpfe, bis sie bezeugen, dass kein Gott da ist außer Allah, und dass Muhammad der Gesandte Allahs ist, und bis sie das Gebet verrichten und die Zakah entrichten. Wenn sie dies tun, so bewahren sie ihr Leben und ihre Güter vor mir, es sei denn, sie begehen eine nach dem Islam strafbare Handlung und ihre Rechenschaft ist (letzten Endes) bei Allah.“ [7]

Als wir uns in der Moschee befanden, kam der Prophet, Allahs Segen und Heil auf ihm, heraus und sagte: „Brechet auf zu den Juden!“ Da eilten wir dorthin, und als wir in der Gegend von Baitu-l-Madaris ankamen, sagte der Prophet zu den Leuten: „Werdet Muslime, so werdet ihr sicher sein, und wisset, dass die Erde Allah und Seinem Gesandten gehört, und daß ich vorhabe, euch aus diesem Land zu vertreiben. Wer dann von euch einen Käufer für sein Vermögen findet, der soll es verkaufen, anderenfalls sollt ihr wissen, dass die Erde Allah und Seinem Gesandten gehört!“ [8]

In der deutschen Übersetzung der Biografie Mohammeds von Gustav Weil heißt es:

wenn Mohammed in den Krieg zog, so griff er den Feind erst am Morgen nach seiner Ankunft an, hörte er den Ruf zum Gebete, so liess er davon ab, wenn nicht, so griff er an. In Cheibar langte er des Abends an, und am folgenden Morgen als er keinen Ruf zum Gebete vernahm, stieg er zu Pferd und wir alle auch. […] Da begegneten wir Arbeitern von Cheibar, die früh ausgegangen waren mit ihren Schaufeln und grossen Körben. Als sie uns sahen, sagten sie: hier ist Mohammed und sein Heer, und ergriffen die Flucht. Mohammed sagte: Gott ist gross, Cheibar geht zu Grund, denn als wir uns hier niederliessen, hatten die Erschreckten einen schlimmen Morgen. […] Mohammed näherte sich den Besitzthümern der Juden und nahm eines nach dem andern und eroberte eine Burg nach der andern. […] Mohammed machte viele Gefangene, darunter war auch Safijjeh […] und zwei ihrer Cousinen. Mohammed wählte Safijjeh für sich, und gab die Cousinen dem Kelbiten Dihje I. Chalife, welcher um Safijjeh gebeten hatte. Viele andere Gefangene von Cheibar wurden unter den Moslimen vertheilt.
[…]
Man führte dann Kinana vor Mohammed, welcher die Schätze der Benu-l-Nadhir in Verwahrung hatte und fragte ihn darnach. Kinana leugnete und sagte, er wisse nicht wo sie sich befinden. Da wurde ein Jude vor Mohammed gebracht, welcher sagte: ich habe gesehen, wie Kinana jeden Morgen um diese Ruine herumgieng. Mohammed sagte zu Kinana: darf ich Dich tödten, wenn wir den Schatz bei Dir finden? er antwortete: ja. Mohammed liess dann die Ruine aufgraben, und man fand darin einen Theil der Schätze. Er fragte ihn hierauf nach dem Uebrigen, und als er sich weigerte, es anzugeben befahl Mohammed dem Zubeir I. Alawwam ihn zu foltern, bis er Alles herausgebe. Zubeir schlug ihm mit dem Zündholze auf die Brust, bis er dem Tode nahe war, dann übergab er ihn Moh. I. Maslama, der ihn für seinen Bruder Mahmud tödtete.
[…]
Mohammed belagerte die Burgen Wetih und Sulalim, bis ihre Bewohner dem Untergang nahe waren, da baten sie ihn, er möchte sie abziehen lassen und ihr Blut schonen. Mohammed willigte ein. Er hatte alle ihre Besitzungen erobert […] Als die Bewohner von Fadak diess hörten, sandten sie zu Mohammed und baten ihn, auch ihr Blut zu schonen und ihnen freien Abzug zu gestatten, wofür sie ihm ihre Güter überlassen wollten. Mohammed nahm auch dieses Anerbieten an. […] Als die Bewohner Cheibar’s sich unter dieser Bedingung ergeben hatten, baten sie Mohammed, ihnen ihre Güter zu überlassen, welche sie besser als er anzubauen verstanden, und erboten sich, ihm die Hälfte des Ertrags zu geben. Mohammed willigte ein, jedoch unter der Bedingung , dass es ihm (stets) frei stände sie wegzutreiben. Die Bewohner Fadak’s schlossen dann einen ähnlichen Vertrag. Die Beute von Cheibar war Gemeingut der Moslimen, die von Fadak aber gehörte Mohammed ausschliesslich, weil sie gemacht wurde, ohne dass man gegen Fadak in’s Feld gezogen wäre.
[…]
Im Monat Rabia-l-achir […] sandte Mohammed Chalid I. Welid zu den Benu-l-Harith nach Nadjran, und befahl ihm, sie drei Tage zum Islam aufzurufen, und wenn sie ihm kein Gehör schenken, sie zu bekriegen. Als Chalid zu ihnen kam, sandte er seine Reiter nach allen Seiten aus, um sie zum Islam aufzurufen. Sie riefen: o ihr Leute, bekehret euch, dann bleibt ihr verschont! Die Leute folgten dem Rufe und bekehrten sich. Chalid blieb bei ihnen, um sie den Islam, das göttliche Buch und die Gebräuche des Propheten zu lehren, wie ihm Mohammed befohlen hatte, für den Fall dass sie sich bekehren und keinen Krieg führen würden. […] Chalid kehrte zu Mohammed zurück, und bei ihm waren, als Abgeordnete der Benu-1-Harith: Keis I. Alhussein Dsu-l-Ghusseh, Jezid I. Abd Almadan, […] Als Mohammed sie kommen sah, fragte er: wer sind diese Leute, die wie Indier aussehen? man antwortete ihm: es sind die Benu-l-Harith. Als sie vor Mohammed standen grüssten sie ihn und sagten wir bekennen dass Du ein Gesandter Gottes bist und dass es keinen Gott gibt ausser Allah. Mohammed erwiederte und ich bekenne dass es keinen Gott gibt ausser Allah und dass ich ein Gesandter Gottes bin. […] Mohammed sagte: wenn mir Chalid nicht geschrieben hätte, ihr seid ohne Krieg zum Islam übergetreten, so hätte ich euch eure Häupter unter die Füsse geworfen. Da sagte Jezid aber, bei Gott, wir haben diess weder Dir noch Chalid zu verdanken. Mohammed fragte: wem habt ihr es denn zu danken? Jezid antwortete: wir preisen Allah, der uns durch Dich, Gesandter Gottes, geleitet hat. [9]

Von Medina aus wurde durch Mohammed fast die gesamte arabische Halbinsel erobert. Bis zum 7. Jahrhundert waren viele Regionen außerhalb der arabischen Halbinsel, die heute zum Kerngebiet des Islam gehören Teil des christlich-byzantinischen und des persischen Sassanidenreiches. Die islamische Expansion reichte von Spanien über Nordafrika und den Nahen Osten bis nach Indien.

Der Kalif und zweite Nachfolger von Mohammed Umar ibn al-Chattāb schickte im Jahr 638 seinen General in die Region des heutigen Basra (Irak), die als Stützpunkt für weitere Eroberungen in Persien diente. Laut dem islamischen Gelehrten und Historiker al-Tabari gab der Kalif seinem General folgende Worte auf den Weg:

Rufe die Menschen zu Gott, akzeptiere es von jenen, die auf deinen Ruf eingehen, aber jene, die sich weigern müssen aus Erniedrigung und Demut die Kopfsteuer zahlen. Wenn sie sich weigern, ist es das Schwert ohne Nachsicht. Fürchte Gott mit dem was dir anvertraut wurde. [10]

Diese Aufforderungen erinnert stark an die Worte Mohammeds:

Kämpft im Namen Allahs und auf dem Wege Allahs. Kämpft gegen jene, die nicht an Allah glauben. Führt einen heiligen Krieg, unterschlagt keine Beute; brecht nicht eure Zusage; und verstümmelt keine (toten) Körper; bringt keine Kinder um. Wenn ihr auf eure Feinde trefft, die Götzendiener sind, ladet sie zu drei Dingen ein. Wenn sie darauf eingehen, akzeptiert es und haltet euch zurück ihnen zu schaden. Ladet sie zum Islam ein; wenn sie darauf eingehen, akzeptiert es von ihnen und hört auf gegen sie zu kämpfen. […] Wenn sie sich weigern den Islam anzunehmen, fordert die Jizya von ihnen. Wenn sie der Zahlung zustimmen, akzeptiert es von ihnen und haltet euch zurück. Wenn sie sich weigern die Steuer zu zahlen, dann sucht Allahs Hilfe und bekämpft sie. [11]

Es ist fast unnötig zu erwähnen, dass nun auch Mohammed zur Runde der Stammtischgesellschaft gehört.

An dieser Stelle schließt sich der Kreis. Die Aussagen von Dr. Shafi Al-Hajri im katarischen Fernsehen im Jahr 2022 waren sinngemäß die Worte Mohammeds aus dem 7. Jahrhundert.

Aus der ungeliebten Stammtischgesellschaft ist mittlerweile eine ansehnliche Runde geworden. Sie besteht aus acht Persönlichkeiten und reicht vom 7. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Dieser Stammtisch ist eine hervorragende Gelegenheit sich in Ruhe auszutauschen.

Warum ist das überhaupt relevant?

Zum einen ließe sich die Stammtischrunde ohne weiteres ausbauen. [12]

Zum anderen scheint die Idee der Gewalt im Namen des Islam kein Relikt der Vergangenheit zu sein. Davon zeugt auch die Tatsache, dass sich im Zuge der brutalen Machtübernahme der Organisation Islamischer Staat im Irak und Syrien unzählige europäische Staatsbürger der Miliz angeschlossen haben.

Eine Studie des Bundesinnenministeriums von 2007 zeigt besonders unter jungen Muslimen in Deutschland hohe Zustimmungsraten zu Gewalt im Namen der Religion.

Zur Aussage Gewalt ist gerechtfertigt, wenn es um die Verbreitung und Durchsetzung des Islam geht lag die Zustimmung bei 21,4%. Die Aussage Wenn es der islamischen Gemeinschaft dient, bin ich bereit, körperliche Gewalt gegen Ungläubige anzuwenden erhielt sogar 24% Zustimmung.

Die Zustimmung zu religiöser Gewalt unterscheidet sich offenbar erheblich bei nicht islamischen Jugendlichen. Zur Aussage Für die Verbreitung und Durchsetzung des Evangeliums darf man auch Gewalt anwenden gab es bei christlichen Jugendlichen eine Zustimmung von 4,5%. Beschränkt man die Aussagen auf Jugendliche, die als besonders religiös gelten, so steigt die Zustimmung für offensive Gewalt bei muslimischen Jugendlichen auf 26,3%, während sie bei christlichen Jugendlichen auf 3,6% sinkt. [13]

Es ist bemerkenswert wie stark die Umfrageergebnisse mit den Aussagen von Majid Khadduri und Ibn Chaldun korrespondieren.

Die starke Diskrepanz zwischen muslimischen und christlichen Befragten zeigt sich auch in einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung aus dem Jahr 2013. [14]

Ähnlich besorgnisserregend sind aktuellere Ergebnisse des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, das 2022 Jugendliche in Niedersachsen befragte. Dabei stimmten unter muslimischen Befragten 67,8% der Aussage Die Regeln des Korans sind mir wichtiger als die Gesetze in Deutschland zu. Die Aussage Ich habe Verständnis für Gewalt gegen Menschen, die Allah oder den Propheten Mohammed beleidigen bekam eine Zustimmung von 35,5%, während 45,8% der Aussage zustimmten Ein islamischer Gottesstaat ist die beste Staatsform. [15]

Es gibt offenbar reichlich Gesprächsbedarf. Es steht die gesellschaftliche Frage im Raum, wie mit diesen Ergebnissen umgegangen werden soll. Sie sollte nicht länger aufgeschoben werden.

[1]
Qatari Islamic Studies Professor Dr. Shafi Al-Hajri: Those Who Reject Islam, Refuse To Pay The Jizya Poll Tax, Must Be Fought
https://www.memri.org/tv/qatari-islamic-studies-professor-hajri-fight-those-who-reject-islam-refuse-pay-jizya-poll-tax
Qatari Islamic Studies Prof.: Those Who Reject Islam, Refuse to Pay Jizya Poll Tax Must Be Fought
https://www.youtube.com/watch?v=WMJwb-oj5kI

[2]
Majid Khadduri: War and Peace in the Law of Islam
https://archive.org/details/khadduri-majid-war-and-peace-in-islam
https://www.amazon.de/War-Peace-Islam-Majid-Khadduri/dp/1616190485/

[3]
Franz Rosenthal: The Muqaddimah: An Introduction to History, Band 1
https://archive.org/details/in.gov.ignca.16173
http://www.muslimphilosophy.com/ik/Muqaddimah/Chapter3/Ch_3_31.htm

[4]
Rudolf Peters: Jihad in Medieval and Modern Islam, S. 9
https://www.amazon.de/Jihad-Medieval-Modern-Islam-Al-Mudjtahid/dp/9004048545/
Imran Ahsan Khan Nyazee: The Distinguished Jurist’s Primer, Band 1, S. 454
https://archive.org/details/the-distinguished-jurists-primer-volume-i-bidayat-al-mujtahid-wa-nihayat-al-muqtasid-ibn-rushd

[5]
Rudolf Peters: Jihad in Medieval and Modern Islam, S. 23-24
https://www.amazon.de/Jihad-Medieval-Modern-Islam-Al-Mudjtahid/dp/9004048545/
Imran Ahsan Khan Nyazee: The Distinguished Jurist’s Primer, Band 1, S. 464
https://archive.org/details/the-distinguished-jurists-primer-volume-i-bidayat-al-mujtahid-wa-nihayat-al-muqtasid-ibn-rushd

[6]
Majid Khadduri: Islamic Jurisprudence: Shafi’i’s Risala
https://archive.org/details/al-shafiis-risala-treatise-on-the-foundations-of-islamic-jurisprudence-by-majid-khadduri-1961-05
https://www.amazon.de/Islamic-Jurisprudence-Muhammad-Idris-al-Shafii/dp/0801803330/

[7]
Ṣaḥīḥ al-Buḫārī, Kapitel 2, Ḥadīṯ-Nr. 25
https://islamische-datenbank.de/sahih-al-buchari?chapterno=2&hadithid=18&action=display
Sahih al-Bukhari Vol. 1, Book 2, Hadith 25
https://sunnah.com/bukhari/2/18
Dieter Ferchl: Nachrichten von Taten und Aussprüchen des Propheten Muhammad, S. 36
https://www.amazon.de/Nachrichten-Taten-Ausspr%C3%BCchen-Propheten-Muhammad/dp/3150242088

[8]
Ṣaḥīḥ al-Buḫārī, Kapitel 52, Ḥadīṯ-Nr. 3167
https://islamische-datenbank.de/sahih-al-buchari?chapterno=52&hadithid=3&action=display
Sahih al-Bukhari Vol. 4, Book 53, Hadith 392
https://sunnah.com/bukhari:3167

[9]
Gustav Weil: Das Leben Mohammeds nach Mohammed Ibn Ishak, Band 2, S. 158, 159, 163, 308-309
https://archive.org/details/bub_gb_t6lZAAAAMAAJ
https://www.amazon.de/Leben-Mohammeds-Nach-Mohammed-Ishak/dp/1169142184/
Alfred Guillaume: The Life of Muhammad: A Translation of Ishaq’s Sirat Rasul Allah, S. 511, 515, 516, 645-646
https://archive.org/details/IbnIshaq-SiratuRasulAllah-translatorA.Guillaume/
https://www.amazon.de/Life-Muhammad-I-Ishaq/dp/0196360331

[10]
The History of al-Tabari Vol. 12: The Battle of al-Qadisiyyah and the Conquest of Syria and Palestine, S. 167
https://archive.org/details/history-of-tabari-volume-12
https://www.amazon.de/History-al-Tabari-Vol-al-Qadisiyyah-D/dp/0791407349

[11]
Sahih Muslim Book 19, Hadith 4294
https://sunnah.com/muslim:1731a

[12]
Friday Sermon in Egypt: Calls to Wage Jihad in Infidel Lands until Islam Rules the World
https://www.youtube.com/watch?v=rkkiP6G3HAU

Kuwaiti Cleric: Non-Muslims Must Convert to Islam, Pay Jizya, or Be Fought and Killed
https://www.youtube.com/watch?v=-QVZARqBMn0

Al-Aqsa Mosque Address: We Should Fight Polytheists who Refuse to Convert to Islam or Pay Jizya
https://www.memri.org/tv/al-aqsa-mosque-address-we-should-fight-polytheists-who-refuse-convert-islam-or-pay-jizya

Hamas MP Al-Astal: We Must Massacre Jews, Impose Jizya Poll Tax on Them
http://www.memri.org/clip/en/0/0/0/0/0/0/4202.htm

Sheikh Ahmad Abu Quddum of Jordan’s Tahrir Party Discusses Jihad Against Germany, Pledges to Impose ‚Jizya‘ Poll Tax on Non-Muslims, and Vows to Annihilate Israel
https://www.memri.org/reports/sheikh-ahmad-abu-quddum-jordans-tahrir-party-discusses-jihad-against-germany-pledges-impose

Egyptian Cleric Mazen Al-Sarsawi: We Ask a Person Nicely to Convert, But If He Refuses and Does Not Pay the Jizya Tax, We Fight Him
https://www.memri.org/tv/egyptian-cleric-mazen-al-sarsawi-we-ask-person-nicely-convert-if-he-refuses-and-does-not-pay

[13]
Muslime in Deutschland: Integration, Integrationsbarrieren, Religion sowie Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt, S. 319
https://www.deutsche-islam-konferenz.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/WissenschaftPublikationen/muslime-in-deutschland-lang-dik.pdf

[14]
Ruud Koopmans: Fundamentalismus und Fremdenfeindlichkeit Muslime und Christen im europäischen Vergleich
https://www.wzb.eu/en/download/file/10498
Islamischer religiöser Fundamentalismus ist weit verbreitet
https://www.wzb.eu/de/pressemitteilung/islamischer-religioeser-fundamentalismus-ist-weit-verbreitet

[15]
Dreißigacker, L., Schröder, C. P., Krieg, Y., Becher, L., Hahnemann, A. & Gröneweg, M. (2023). Jugendliche in Niedersachsen. Ergebnisse des Niedersachsensurveys 2022 (KFN-Forschungsberichte Nr. 169), S. 160
https://kfn.de/wp-content/uploads/2024/02/FB-169.pdf

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